Tag-Archiv | Götterkriege

Askir und Götterkriege

In meinem Mai-Urlaub habe ich endlich die Vorgeschichte von der Reihe „Die Götterkriege“ gelesen – etwas, was ich mir schon lange vorgenommen hatte. Schon die „Götterkriege“ haben das, was richtig gute Fantasy-Reihen brauchen: interessante Charaktere, dazu eine Dichte und Komplexität von den Handlungen der Charaktere und der überspannenden Handlung, eingeflochten in eine gut ausgearbeitete Vergangenheit und Gegenwart der Welt.

Faszinierend sind ja vor allem solche Geschichten, die auch beim zweiten oder dritten Mal Lesen einen Aha-Effekt hervorrufen können – und beim ersten Mal genügend Geheimnisse andeuten, damit man unbedingt weiterlesen will. „Götterkriege“ war für mich eine solche Serie. Der Effekt wurde ja noch verstärkt dadurch, dass ich Askir nicht gelesen hatte. Für mich war schon Geheimnis genug herauszufinden, wie die Figuren zueinander standen und woher sie sich kannten.

Deswegen war ich so ungeheuer gespannt auf „Die Geheimnisse von Askir“ (sowie „Die Eule von Askir“). Und es hat sich gelohnt: ich wusste ja, wie sich vieles entwickelt, aber wie es dahin kommt, das habe ich so nicht immer erwartet.

Am meisten war ich wohl überrascht, wie das Dreiergespann Havald, Leandra und Helis zustande kam und sich vor allem entwickelt hat. Und: wie wenig Zeit vergangen ist zwischen Beginn der Geschichte und den aktuellen Ereignissen.

Im Moment lese ich wieder die „Götterkriege“, diesmal mit dem Vorwissen aus der „ersten“ Reihe. (Ich würde Götterkriege 3 eher als Askir 9 bezeichnen…) Und ich bin erstaunt, was ich alles entdecke.

Das Geheimnis des verschollenen Kaisers und der Kaiserin, Jerbil Konai und seine Kameraden, die unter neuem Namen wieder aufgetaucht sind und sich so langsam zu erkennen geben. Dinge, die ich beim ersten Mal überlesen habe, oder die ich auch schon wieder vergessen habe, ergeben plötzlich einen Sinn.

Es macht einfach Spaß, diese Reihe zu lesen. Richard Schwartz hat einen angenehmen, nüchternen Schreibstil, seine Charaktere sind wirklich interessant, die Verflechtungen machen Spaß, entwirrt zu werden. Und dabei ist seine große Geschichte so schön in kleine Geschichten verpackt, dass man manchmal fast vergessen kann, dass es letztendlich immer nur die eine Geschichte ist: der Kampf von Askir gegen Thalak. Ist es zu weit gegriffen, wenn ich diese Reihe mit „Lied von Eis und Feuer“ vergleiche? (Sie sogar für ein wenig besser halte?)

Mich würde wirklich interessieren, welche Geheimnisse euch an „Askir/Götterkriege“ faszinieren. Hat jemand schon eine Ahnung oder Vermutung, woher Leandra stammt? Ich habe eine. 🙂

Angelesen: Die Räder der Welt (Jay Lake)

„Der Engel erstrahlte im Schein von Hethors Lesekerze so hell wie eine Messing-Maschine. In irrationaler Hoffnung griff der junge Mann nach seiner abgenutzten Bettdecke, als könnten die zusammengenähten Baumwollreste ihn vor der Macht schützen, die in seine Dachkammer eingefallen war.“ (S.7)

Ich habe es gefunden: ein Frühlingsbuch. 🙂 Und dazu eines, das mit einem wunderschönen Cover, einer interessanten Weltbeschreibung und diesem tollen ersten Satz aufwarten kann. Was will man mehr? Ach ja, richtig, die Geschichte sollte natürlich schon spannend sein.

Mit gerade mal 363 Seiten ist Räder der Welt nicht besonders dick, deswegen  erlaube ich mir schon jetzt – nach etwas über 50 Seiten – ein „Angelesen“.

Inhalt:

Mitten in der Nacht erscheint der Erzengel Gabriel in Hethors Dachkammer, um ihm einen großen Auftrag zu geben. Er soll den Schlüssel der Bedrohung finden, um mit ihm das Uhrwerk der Welt aufzuziehen – denn die Zeit gerät schon langsam aus den Fugen und hört bald ganz auf. Und wie immer bei solchen Aufträgen wird Hethor nicht gefragt, ob er überhaupt die Welt retten will. Denn eigentlich ist er nur ein Lehrling und seine Arbeitskraft ist im Besitz seines Lehnsherren und Meisters. Er kann nicht einfach in die Welt hinausstiefeln – aber Hethor weiß, er muss wohl doch irgendwie einen Weg finden.

Jay Lake hat eine Welt entworfen, in der die Erde an Zahnrädern durch das Weltall rollt und in der alles auf dem Prinzip dieser Verzahnung ausgerichtet ist. Etwa in das späte 19. Jahrhundert in eine Alternativrealität gelegt, wird sogar das Christentum komplett danach ausgerichtet. Nicht gekreuzigt wurde Jesus, sondern gerädert. Man schlägt ein Rad, wie die Katholiken in unserer Welt das Kreuz schlagen. Man trägt einen geräderten Jesus an einer Kette um den Hals. Am Himmel sind die zwei Messingschienen erkennbar, die sich wie Hörner in die Höhe krümmen und an denen Gottes Existenz sichtbar wird.

Ist das nicht genial?! Eine Alternativrealität, in der die Handlung in einem vom englischen Vizekönig regierten Connecticut spielt – und dazu noch mit diesem wunderbar erdachten Konstrukt! Ich bin begeistert.

Hin und weg

Und ich bin restlos begeistert, weil es Jay Lake versteht, richtig gut zu schreiben. Man hat das Gefühl, alle Wörter sind am richtigen Ort und ergänzen sich so, dass sie fast poetisch klingen. Ich mag das Buch langsam lesen, damit ich auch ja nichts von seinen tollen Beschreibungen verpasse.

Auch Hethor ist ein toller Charakter, der eher einem Entwicklungsroman des 19. Jahrhunderts entstiegen zu sein scheint als einem Buch der Moderne. Er wirkt wie ein ganz und gar durchdachter Charakter, der sehr gekonnt in seine Umwelt integriert ist.

Es ist alles stimmig, alles passt. Und die Welt ist atmosphärisch dicht.

Atmosphärische Dichte

Ich glaube, bei vielen Fantasyromanen bemängele ich die Abwesenheit solcher. Die Trudy-Canavan-Bücher litten unter einer Leere, die in etwa so weiß war wie das deutsche Buchcover. Ein bisschen ähnlich ergeht es mir mit dem Shannara-Buch, auch wenn es da wesentlich geringer auftritt. Sogar bei Heldenwinter hatte ich stellenweise das Gefühl, da müsste noch mehr sein. Positiv in dieser Hinsicht finde ich die Bücher von Robin Hobb, weswegen ich sie wohl auch so verehre. Dasselbe trifft auf Richard Schwartz zu und das, was ich bisher von ihm gelesen habe.

Tolkien ist nach wie vor das beste Beispiel, an dem man es erklären kann. Seine Bücher sind entstanden, weil er eine Welt brauchte, um seine Phantasie-Sprachen zu erproben. Aber diese Welt hatte 50 Jahre Zeit, sich zu füllen. Und das merkt man seinem Herrn der Ringe auch an.

Während viele der modernen Romane lediglich ein grobes Muster häkeln, gibt es wenige, die sich die Mühe machen, dicht und fest zu stricken, auch wenn nur ein Bruchteil davon zu sehen ist. Als Beispiele außer den oben genannten fallen mir da noch Robert Jordan und sein monumentales Rad der Zeit und G.R.R. Martins Lied von Eis und Feuer ein.

Genreverwirrung

Um noch mal einen Bogen zurück zu Räder der Welt zu schlagen: Hier hat es der Autor leichter. Er muss mehr abändern als erfinden. Aber das macht er sehr gut, ich bin erstaunt.

Genremäßig gehört das Buch in die Unterform des Steampunk, des sogenannten Clockpunk. (Name erklärt sich wohl von selbst.) Verwirrend finde ich die Einordnung. Ist es Fantasy? Ist es Science-Fiction? Ist Steampunk ein eigenes Genre? Das deutsche Wiki gliedert es in die Sci-Fi ein, das englische in die Fantasy und spekulative Fiktion – als „alternative Weltgeschichte“, die im deutschen Wiki wiederum zur Sci-Fi gehört, so wie ich das auch sehe.  Wie seht ihr das?

Rezension: Die Götterkriege – Die weiße Flamme

Richard Schwartz – Götterkriege 2: Die weiße Flamme

Wer den Inhalt des ersten Bandes nicht kennt, sollte nicht weiterlesen. (Enthält Spoiler)

Inhalt

Während es Marla und Wiesel in die belagerte Kronstadt verschlagen hat, kämpfen Leandra, Asela und Desina mit den Auswirkungen der Umleitung des Weltenstroms. Der Wyrm, Jahrtausende im Moor durch den magischen Strom gefangen gehalten, ist nun frei und wälzt sich mitsamt seiner Brut auf die eben befreite Stadt Lasandhaar zu. Die drei Maestra wollen die Stadtbewohner nun schnellstmöglich wegschaffen, doch bei der Erschaffung der Tore läuft nicht alles wie geplant. Währenddessen verstricken sich Marla und Wiesel immer mehr in die Intrigen der Kronstadt. Dort schwingt sich Lord Render zum Beherrscher der Stadt auf. Zusammen mit dem Boronpriester Faban und dessen Richtschwert Steinherz überführen sie viele Bürger der Stadt den reinigenden Flammen des Scheiterhaufens. Doch so einiges geht hier nicht mit rechten Dingen zu. Immerhin weiß Wiesel, wer ebenfalls für sich beansprucht, Steinherz zu tragen: Leandra, die von der alten Königin zur Nachfolgerin ernannt wurde.

 Königin werden ist nicht so einfach

Nahtlos schließt der zweite Band an den ersten an und führt die Geschichte vom Krieg gegen den Nekromantenkaiser und der Krönung Leandras weiter. Und fast noch spannender trotz weniger Ortswechsel kommt auch die Geschichte daher. Die Beziehungen der Personen zueinander werden vertieft – man erfährt ein wenig über Aselas Vergangenheit oder bekommt einen tieferen Einblick in die Gefühlswelt von Marla, der Priesterin des namenlosen Gottes.

Außerdem ist Havald, der Wanderer, inzwischen wieder von den Toten erwacht und scheint etwas zu planen. Auf ihn wird in diesem Band indirekt öfter eingegangen: Man erzählt die Sagen und Mythen, die sich um ihn ranken und der Leser erfährt, welche Hoffnung auf ihm ruht. Für viele Menschen ist er der einzige, der die südlichen Reiche vor dem Griff des Nekromantenkaisers erretten kann. Und Havald scheint ja auch tatsächlich mehr zu sein als nur ein Mensch. Da freut man sich sehr auf den dritten Band, in dem Havald wieder mehr in Aktion tritt.

Fazit

Was den zweiten Band wohl so lesenswert macht, ist die erstaunlich gute Qualität des Stils. Denn um ehrlich zu sein, bedeutet nicht einmal ein großer Name, dass da wirklich auch Können dahinter steckt. Was „Die weiße Flamme“ auch ausmacht, sind interessant angelegte Charaktere, bei denen es einfach Spaß macht, ihnen beim Handeln zuzuschauen. Die Beziehungen aus dem ersten Band werden aufgegriffen und weiter verflochten. Wer also wissen will, wie es mit Leandra, Serafine und Havald weitergeht, sollte unbedingt weiterlesen. Außerdem bringt man mehr über die Welt in Erfahrung. Die Bannschwerter, die Magie und die Religion, alles wird vertieft und dem Leser näher gebracht – ohne dabei zu geheimnisvoll und aufgesetzt zu wirken.

Vielleicht könnte man bemängeln, dass nur sehr wenig wirklich unvorhersehbar ist. Dennoch, ich bin der Meinung, es kommt durchaus sehr viel mehr auf eine gute Erzählweise und sympathische Charaktere an, als man ahnt. Daher war das zumindest für mich kein Mangel.

Für mich war die Entdeckung Richard Schwartz‘ ein kleines Freudenfest. Ich habe es schon lange nicht mehr so genossen, einfach eine gute Geschichte im gut geschriebenen Stil zu lesen. Einzig einige Sachen haben mich ein bisschen irritiert: An einer Stelle fühlte ich mich mehr als nur ein bisschen an Rad der Zeit erinnert – und mehreren anderen dachte ich sofort an Das Schwarze Auge. Das ist ein kleines Rätselspiel. Wer kann es mir sagen? 🙂